Räumliche Ressourcen im Pädagogischen Alltag finden und effektiv nutzen

 

Erste Ansätze einer ganzheitlichen Pädagogik sind bereits im 18. Jahrhundert bei dem Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi zu erkennen, der die Vermutung aufstellte, dass Kopf, Herz und Hand eine Lerneinheit bilden. Heute ist das eine wissenschaftlich fundierte Gewissheit. Es gilt also anzuerkennen, dass mit allen Sinnen, mit Verstand, Gemüt und Körper gelernt wird und daraus sind die entsprechenden Schlüsse bei der Gestaltung von Räumen zu ziehen. Ziel ist es, eine Ausgewogenheit zwischen Anreiz und Ruhe, zwischen Geborgenheit und Herausforderung zu erreichen.“

Zitat aus dem Buch „Räume für Kinder – Gestaltung auf Augenhöhe“

 

Inklusion bedeutet die Vielfältigkeit der Schüler zu erkennen, anzunehmen und darauf einzugehen. Um diese Vielfältigkeit auffangen zu können, sollten wir darauf achten, dass keine räumlichen Ressourcen brachliegen und Räumlichkeiten so eingerichtet werden, dass sie dieser hohen Anforderung weitgehend gerecht werden können. Um den individuellen Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden, sollte es über den Tag verteilt räumlich die Möglichkeit geben, Anspannungs- und Entspannungsphasen zu ermöglichen. Weiterhin brauchen Kinder Orte, um mit anderen Kindern auch mal“ unter sich sein“ zu können.

Kinder die bis zu 8 Stunden am Tag in der Schule verbringen, “müssen die Möglichkeit haben die Räume zu wechseln, an andere Orte gehen zu können. Denn Schule nimmt einen großen Teil ihrer Lebenswelt ein“ (L.Krappmann/O.Enderlein)

 

 

 

 

  • Auf der Suche nach mehr Raum - Welche Ziele WÄREN möglich?

 

  1. Die Suche/Sammlung nach/von Räumlichen Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, sollen im Arbeitskreis und mit einzelnen Kindern partizipativ erarbeitet/zusammengetragen werden.

  2. Wir überlegen gemeinsam (Gesamtteam) in welchen Räumen Ruhe und in welchen Räumen Bewegungsmöglichkeiten sinnvoll und umsetzbar sind.

  3. Die gemeinsame Suche( Kinder/päd. Fachkraft) nach Möglichkeiten (Raum, Ecken, Nieschen), in denen die Kinder zeitweise“ unter sich“ sein können.

  4. Der Raum stellt Material zur Verfügung, so dass die Kinder in ihrer Kreativität unterstützt und herausgefordert werden.

  5. Kreativ Gestaltung des Raums unter der Berücksichtigung, dass auch die pädagogische Fachkraft eine Entlastung erfährt.

  6. ………

  7. ………

Am Ende soll eine Atmosphäre entstehen, in der die Kinder sich wohlfühlen, lernen und sich individuell entfalten können. Fühlt sich die pädagogische Fachkraft ebenfalls in den neu gestalteten Räumen wohl,“ spiegelt sie diese Zufriedenheit auf die Kinder wieder“(Reggio- Pädagogik, Montessori, Steiner/Waldorfpädagogik……).

 

  • Warum ist der Raum für Kinder eigentlich so wichtig?

  • Wort Erklärung „Raum“

Blicken wir auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Raum, so stoßen wir auf das althochdeutsche Wort Rümi, was bedeutet: weit, geräumig, im erweiterten Sinne viel Platz, Freiheit, Möglichkeiten, nichts steht im Wege und behindert oder verhindert Bewegung, Kontakt, Entfaltung. Eine treffende Beschreibung für den Begriff Raum, welches auch seinen großen Einfluss auf den Menschen wiedergibt.(Zitat :PDF Raumgestaltung und pädagoische Wirkung)

 

 

Was sagen die Pädagogen zu dem Thema “Raum ,Raumgestaltung“ und welche Konzepte gibt es?

 

  • Konzept: „Das grüne Klassenzimmer“

Das Konzept des grünen Klassenzimmers beinhaltet das Lernen mit Kopf, Herz und Hand nach Pestalozzi. Das Konzept nach Pestalozzi ist in der Konzeption der Barbaraschule verankert. Das grünen Klassenzimmers wurde bereits mehrmals von der UNESCO als offizielles Projekt der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet.

Das Konzept besagt, dass der Raum draußen in der Natur für die Kinder einen Ort bietet, der sie zum Experimentieren, Forschen und naturkundlichen Beobachten einlädt und der nachhaltige Themen anspricht.

Er bietet eine zielorientierte, experimentelle Erlebnispädagogik und lehrt die Kindern Verantwortung zu übernehmen. Der Stadtgarten und der Pulheimer Bach zählen in unserer Umgebung zu den „Grünen Klassenzimmern“. Von den Erziehern und Kindern kann dieser Raum genutzt werden. Diese Vereinbarung zwischen Schule und Stadt ist in der Konzeption der Schule festgeschrieben.

Im Bildungsportal NRW kann diese Vereinbarung ebenfalls nachlesen werden.

Da ein Ausflug in die Natur aufgrund der engen und straffen zeitlichen Taktung in der OGS nicht immer möglich ist, ist zu überlegen, die Natur in die Gestaltung der Innenräume der OGS mit einzubeziehen. Blumenkästen könnten bepflanzt werden, Blumen und Kräuter von den Kindern versorgt (Verantwortungsübernahme), beim Wachsen beobachtet und probiert werden (s. Bildanhang).

 

Bitte hierbei auf Hygienevorschriften achten! Z.B.: keine Blumenerde verwenden! wegen Sporen, Pilze etc.

 

  • Konzept: „Reggio-Pädagogik: Pädagogik des Werdens“

Die eigentliche Reggio-Pädagogik wurde in den Jahren 1962 – 1973 entwickelt. Zurück zu führen ist diese Pädagogik auf Loris Malaguzzi. Wichtig für uns zu wissen, ist seine Ausführung über das Bild vom Kind und die Bildungsfunktion von Räumen („Raum als dritter Erzieher“).

Die Reggio-Pädagogik geht davon aus, dass das Kind unendlich viele Fähigkeiten und Gaben hat, mit denen es die Welt begreifen lernt. Es wird als vollwertiges Wesen angesehen, das nach Entwicklung der eigenen Möglichkeiten strebt. Die Rechte der Kinder sind in der Reggio- Pädagogik enorm wichtig. Denn wer Rechte hat, hat einen anderen Status. Sie dürfen demokratisch und partizipativ mitentscheiden, wenn es um Dinge geht, die ihr Leben betreffen. Hierdurch erlernen sie frühzeitig, demokratisch und partizipativ tätig zu werden. Kinder sind nicht allein Gegenstand von Erziehung, sondern sie beleben und steuern den Prozess der Erziehung. Für die sie betreffende Raumsuche und - Gestaltung heißt dies, dass sie mitwirken und gestalten dürfen.

In der Reggio-Pädagogik spielt der Raum eine große Rolle: “Der Raum als dritter Erzieher“. Hierbei wirken Räume als reichhaltige, vorbereitete Umgebung, die den Kindern sowohl Anregung und Herausforderung, als auch Geborgenheit und Rückzugsmöglichkeiten bieten.

Zum Raum gehört ebenfalls das erreichbare Umfeld mit seinen Straßen, Häusern, Wäldern und Gewässern. Hier fungiert die Natur als weiterer Pädagoge, der die Kinder lehrt.

 

Charakteristisch für Reggio-Einrichtungen sind zum Beispiel:

  • Spiegel und Zerrspiegel in denen sich Kinder selbst betrachten können, um ihren Körper besser und bewusster wahrnehmen zu können.

  • Verschiedene Lichtquellen

  • Alle Materialien, die kein herkömmliches Spielzeug darstellen, sondern Eigenkreativität fördern und zum Beispiel zum Werken, Basteln und Malen anregen: Papprollen, Verpackungen, Karton, Holz ,Nägel, Werkzeug, Werkbänke, Steine ,Farben, Pinsel....

  • Sprechende Wände“: Pinnwände an denen die Werke der Kinder auf gehangen werden können, von ihnen kommentiert werden dürfen .Die Kinder erhalten dadurch Wertschätzung und es bietet Anregungen für Kinder anderer Gruppen.

  • Piazza: Ein Ort, der zum Kommunizieren einlädt

 

 

  • Konzept: „Montessori - Pädagogik: Pädagogik vom Kind aus.

Ihr Bild vom Kind wird deutlich durch folgende Aussagen:

Hilf mir es selbst zu tun. Tu es nicht für mich. Hab Geduld meine Wege zu begreifen.

Die vorbereitete Umgebung ist das entscheidende Prinzip der Montessori-Pädagogik. Der Raum und das Material sind so gestaltet, dass sie Aufforderungscharakter haben, die Möglichkeit zum Selbsttätig sein eröffnen und die freie Wahl unterstützen.

Die freie Wahl gibt den Kindern die Möglichkeit, ihren sensiblen Phasen zu folgen. Eigene Interessen, Bedürfnisse und Stärken können entwickelt und ausgelebt werden. Beengte Raumverhältnisse, Übermöblierung und Reizüberflutung (übertriebene Raumgestaltung) sollen verhindert werden, da sie Kommunikation und soziale Interaktionen eher verhindern. Es sollen Flächen im Raum leer bleiben oder Gegenstände beinhalten, die bei Bedarf weggeräumt werden können.(s. Bildanhang)

Ein wichtiger Aspekt für Montessori ist die eigene innere Stille, die Stille im inneren Raum.

Die Stille entsteht zum Beispiel durch die hingebungsvolle Beschäftigung mit dem Material. Auch erlernen Kinder durch die „Übungen zur Stille“ ihre Aufmerksamkeit auf eine Tätigkeit zu richten, die im Allgemeinen im alltäglichen Gruppengeschehen unbeachtet bleibt. Die Stille nach Montessori hat nichts mit der Ruhe zu tun, die oftmals in Gruppen eingefordert wird. Stille ist das Finden der inneren Mitte. Wichtig für das Gelingen von Stilleübungen sind die Ruhe und Gelassenheit, die eine Erzieherin ausstrahlt. Stilleübungen werden meistens in Kleingruppen durchgeführt. Die Kinder sitzen z.B. mit geschlossenen Augen im Kreis und hören auf die sie umgebenen Geräusche und ordnen sie ein. Dies kann eine gute Vorbereitung für ein anschließendes kreatives Angebot sein.

Nach dem Konzept der Montessori-Pädagogik wäre demnach ein Ort, der ruhig und etwas abgelegen vom alltäglichen Geschehen ist, wichtig. Dieser Raum sollte äußerlich Ruhe auf die Kinder und pädagogische Fachkraft ausstrahlen, um den inneren Raum mit Ruhe ausfüllen zu können.

Beispiel OGS Barbaraschule: Gestaltung der Bücherei, kleiner/ großer Kellerraum

Sensible Phase: Zeitraum, in denen das Kind eine besondere Empfänglichkeit, eine besondere Bereitschaft für das Erlernen einer bestimmten Fähigkeit hat,

 

  • Inklusive Raumkonzepte der AWO

Im Fokus dieses Konzeptes steht die Fragestellung, inwiefern räumliche Rahmenbedingungen im offenen Ganztag den Anspruch gemeinsamen Lebens und Lernens der Schulkinder fördern oder behindern und welche räumlichen Ressourcen bislang noch nicht ausreichend genutzt werden. Das partizipativ gestaltete Projekt zielt auf die Entwicklung inklusiver Raumkonzepte in Offenen Ganztagsschulen. Auch hier unter Berücksichtigung des Raumes als „dritter Pädagoge“, sollte es dazu beitragen, dass innerschulische und außerschulische Räume im Rahmen des Offenen Ganztags optimal genutzt und gestaltet werden. Dies trägt dazu bei, dass Kinder mit und ohne sozial-emotionalen Förderbedarf einerseits zu ihrem eigenen Wohl und andererseits zum Wohl der Gesamtgruppe erfolgreich und nachhaltig in den Offenen Ganztag integriert werden können.

Das Projekt beinhaltete 5 Methoden, die darauf abzielten, dass räumliche Potenziale im Sinne eines inklusiven Lebens und Lernens in einer Schule optimal genutzt werden können. Für unseren Arbeitskreis ist die Methode der Fragebögen interessant.

Wie schon in der Reggio Pädagogik werden hierbei Kinder partizipativ mit einbezogen. Ein für die Kinder erstellter Fragebogen kann hierbei Auskunft geben, in welchen Räumen, Ecken und Nieschen im Schulgebäude sie sich wohl fühlen und die für sie auch mal eine Möglichkeit bieten, um unter sich zu sein.

Beispiel OGS Barbaraschule: Flure, Eingangsbereich, Raum unter der Treppe ect….)

 

 

 

Gestaltete Räume sollen/können je nach Lage und Größe folgendes für Kinder bieten:

-Rückzugsmöglichkeit

-Bewegungsmöglichkeit

-Ruhemöglichkeit

-Entspannungsmöglichkeit

-Bildungsmöglichkeit

-Kommunikationsmöglichkeit

-die Möglichkeit, unter sich zu sein....

………..

Gemeinsam sollte nach Lage, Größe ect. entschieden werden, ob es evtl.

Ein Bewegungsraum

Ein Erfahrungsraum

Ein Erlebnisraum

Ein Freiraum

Ein Kuschelraum

Ein Lebensraum

Ein Malraum

Ein Schonraum

Ein Schauraum

Ein Werkraum

Ein ……

…….wird.

 

 

 

 

Ursula Weber

Janina Gedrat